Stimmung in der hessischen Chemie gedämpft / Gewerkschaft muss Forderungen der wirtschaftlichen Realität anpassen
(ots) - Für viele Menschen sah es lange so aus, als wäre
Deutschland wirtschaftlich eine Insel der Glückseligkeit. Für die
Chemieverbände Hessen ist dies aber zunehmend eine "Illusion".
Führende Institute korrigieren ihre Erwartungen ebenfalls nach unten.
Auf ihrer heutigen gemeinsamen Pressekonferenz in Frankfurt stellten
der Arbeitgeberverband HessenChemie und der Landesverband Hessen des
Verbandes der chemischen Industrie ihre aktuellen Wirtschaftszahlen
vor.
"Nach anfänglich guten Zahlen ist die Produktion seit Mai
regelrecht eingebrochen und wird im Jahresverlauf in der klassischen
Chemieindustrie wieder nicht über das Niveau der Wirtschaftskrise von
2008 hinaus kommen", erklärte Hartmut G. Erlinghagen,
Vorstandsvorsitzender von HessenChemie.
Dass die Beschäftigung im Vorjahresvergleich dagegen um 1,1
Prozent gewachsen sei, erklärten die Verbände durch einzelne große
Unternehmen, die deutlich Beschäftigung aufgebaut hätten. Erlinghagen
warnte jedoch davor, dies als Indiz für gut laufende Geschäfte zu
werten. Das Gegenteil sei vielmehr der Fall. "Viele, vor allem
kleinere und mittlere Unternehmen, bauen Beschäftigung ab", erklärte
Erlinghagen. Er bezieht sich damit auf eine aktuelle Verbandsumfrage,
die der Verband unter seinen Mitgliedsunternehmen durchgeführt hat.
Einen Grund dafür sieht Erlinghagen in der schlechten Nachfrage
und dem zunehmenden Wettbewerbsdruck. So seien beispielsweise die
Gaspreise in Deutschland mehr als drei Mal so hoch wie in den USA.
Auch aus diesem Grund ziehe es viele Unternehmen ins Ausland. Als
Beispiel nannte Erlinghagen die Investitionen: "Das
Investitionsvolumen der deutschen chemisch-pharmazeutischen Industrie
im Inland 2012 lag um nahezu 12 Prozent unter seinem Vorkrisenwert
aus dem Jahr 2008. Die Direktinvestitionen der Branche in den USA
hingegen haben sich im Jahr 2012 gegenüber dem Jahr 2008 um knapp 39
Prozent erhöht."
Auch hinsichtlich der Nachfrage sind die Chemieverbände nicht
optimistisch. Über 70 Prozent der Chemieprodukte gehen in den Export.
Hiervon entfallen wieder knapp 70 Prozent auf das europäische
Ausland. Die EU-Kommission hat ihre Prognose für das
Wirtschaftswachstum in der letzten Woche erst deutlich gesenkt und
der Internationale Währungsfonds geht von 0,8 Prozent Wachstum aus.
Die Krisen in Russland und der Ukraine, im Nahen und Mittleren Osten
beeinträchtigen die restlichen 30 Prozent der Nachfrage. "Unter
diesen Umständen wissen wir nicht, woher die Belebung des Exports
kommen soll", sagt Erlinghagen.
In der Chemie stehen im Januar wieder Tarifverhandlungen an. Für
Erlinghagen muss die Gewerkschaft daher ihre Forderungen der
wirtschaftlichen Realität anpassen. "Die führenden
Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Erwartungen für 2014 und
2015 massiv zurückgeschraubt. Diesen Schritt muss auch die IG BCE
gehen, wenn sie - bei geringer Inflationsrate - ihre Forderungen für
die Chemie-Tarifrunde 2015 diskutiert", so Erlinghagen. "Alle
tariflichen Maßnahmen stehen dabei unter Finanzierungsvorbehalt,
zudem müssen sie ausreichende Flexibilität für die Unternehmen
sicherstellen."
Pressekontakt:
Arbeitgeberverband Chemie und
verwandte Industrien für das Land Hessen e.V.
Ole Richert, Pressesprecher
Telefon 0611/7106-46
Murnaustraße 12, 65189 Wiesbaden
E-Mail: funk(at)hessenchemie.de
Internet: www.hessenchemie.de
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Datum: 12.11.2014 - 11:37 Uhr
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