EU-Agrarrat am 1. und 2. Juni: Schmidt muss biospezifische Grenzwerte ablehnen / Neue Studie beweist: Ferntransport von Pestiziden belastet Bioanbau in großer Distanz
(ots) - Der EU-Agrarrat verhandelt am 1. und 2. Juni weiter
die Streitpunkte zur Revision der EU-Ökoverordnung. Unter Führung der
lettischen Ratspräsidentschaft trifft sich der Rat zu einem
informellen Austausch in Riga. Dabei wollen die EU-Kommission sowie
ein Lager von Mitgliedsstaaten biospezifische Grenzwerte bei
Kontaminationen, zum Beispiel mit Pestiziden, einführen. Solche
Grenzwerte würden das Verursacherprinzip auf den Kopf stellen:
Biobauern wirtschaften nach strengen Richtlinien ohne den Einsatz von
chemisch-synthetischen Pestiziden und dürfen nicht für
Pestizidbelastungen aus der konventionellen Landwirtschaft
verantwortlich gemacht werden. Bioland, der bedeutendste Verband von
Biobauern in Deutschland, fordert deshalb
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt auf, standhaft zu
bleiben. "Schmidt muss die Einführung biospezifischer Grenzwerte in
jeglicher Form strikt ablehnen und die Prozesskontrolle im Bio-Recht
verteidigen", gibt Jan Plagge, Präsident von Bioland, dem Minister
mit auf den Verhandlungsweg.
Biobauern leiden bereits heute unter den Schäden durch
Pestizidabdrift konventioneller Berufskollegen und bleiben oftmals
auf dem wirtschaftlichen Schaden sitzen. Ein direkter Abdriftschaden
vom Nachbarfeld lässt sich dem Verursacher direkt zuordnen. Eine neue
Studie zeigt nun jedoch Schäden durch sogenannte Ferntransporte,
Pestizidabdrift über weite Distanzen. Die Studie im Auftrag des
Landesamts für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV)
Brandenburg führt den Nachweis, dass die Unkrautvernichtungsmittel
Pendimethalin und Prosulfocarb, die im konventionellen Landbau häufig
verwendet werden, sehr weiträumig über thermische Luftbewegungen
verbreitet sind. So werden in Abständen von mehreren Kilometer zum
Ausbringungsort Biokulturen kontaminiert, ohne den Verursacher
feststellen zu können. Die Gutachter sprechen von einer "unerwünscht
weiträumigen und anhaltenden Verbreitung insbesondere von
Pendimethalin". Die festgestellte Belastung liegt 100- bis 1000-fach
höher als die Grundbelastung in unbelasteten Referenzgebieten (Nord-
und Ostsee). Angesichts dieser neuen Studie sagt Bioland-Präsident
Jan Plagge: "Es wäre unverantwortlich, Biobauern über biospezifische
Grenzwerte für Kontaminationen haftbar zu machen, die andere
verursacht haben. Kein Biobauer kann so ein unkalkulierbares Risiko
tragen. Biospezifische Grenzwerte müssen vom Tisch. Anstatt Biobauern
neue Bürden aufzuerlegen, muss das Zulassungssystem für Pestizide
geändert werden."
Biobauern könnten ansonsten einen Teil ihrer Ware nicht mehr als
Biolebensmittel vermarkten. "Der Schaden durch die Aberkennung des
Biostatus verbunden mit dem Rückruf von Biolebensmitteln würde die
Biobranche in ihrer Existenz gefährden", so Plagge. Zusätzlich wäre
mit einem weiteren Anstieg der Kosten durch aufwändige Analysen zu
rechnen. Allein die Einführung eines Pestizid-Schwellenwertes würde
nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes jährlich Kosten von
86 bis 146 Millionen Euro für die deutsche Biobranche verursachen.
Bioland fordert den Stopp des laufenden Gesetzgebungsprozesses zur
EU-Ökoverordnung. Die Vorstellungen innerhalb des Ministerrates aber
auch die des Berichterstatters des EU-Parlaments und der
EU-Kommission liegen meilenweit auseinander. "Das geltende Bio-Recht
muss gesichert werden", fordert Plagge. "Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker und sein Vize Frans Timmermanns sind nun
gefordert, den Prozess zu stoppen und einen Neustart auf Grundlage
des bestehenden Rechtes zu initiieren."
Hier finden Sie die Studie im Auftrag des Landesamts für Umwelt,
Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) Brandenburg.
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Datum: 29.05.2015 - 07:00 Uhr
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