Von Energie bis Logistik: Komplexe Systeme besser steuern dank neuer Algorithmen
Neues europäisches Netzwerk „MINOA“ sucht Promovierende für vier Jahre internationale Ausbildung und Forschung in der angewandten Mathematik
(industrietreff) - Nürnberg – Effektive Algorithmen für bislang ungelöste Probleme entwickeln und gleichzeitig die Mathematik- und IT-ExpertInnen von morgen ausbilden: Mit diesem Anspruch startete ein internationales Team Anfang des Jahres das europäische Promovierenden-Netzwerk „MINOA“ (1) . Zusammen mit zwölf NachwuchswissenschaftlerInnen wird das Team in den kommenden vier Jahren in einem derzeit hochaktuellen Forschungsgebiet der Mathematik – der gemischt-ganzzahligen nichtlinearen Optimierung – neue Methoden entwickeln, die dazu beitragen können, dass beispielsweise Stromnetze besser mit den schwankenden Beiträgen aus Solar- oder Windenergiequellen zurechtkommen oder dass Verkehrsbetriebe Störungen im öffentlichen Nahverkehr effizienter managen können. Die Europäische Union finanziert dieses Vorhaben mit rund drei Millionen Euro. Koordiniert wird das Netzwerk an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Mit einer Ausschreibung sucht das Team nun nach Studierenden, die im Rahmen des Netzwerks promovieren möchten.
Egal ob in der Logistik oder im Energiemanagement: Extrem kurzfristige Entscheidungen werden heute nur noch selten von Menschen getroffen. Hochintelligente Maschinen nehmen ihnen diese Arbeit ab und übernehmen die Steuerung von Prozessen und Systemen in Echtzeit. Möglich ist das durch die zugrundeliegende Software, die mithilfe von komplexen mathematischen Berechnungen in Bruchteilen von Sekunden das bestmögliche Ergebnis ermittelt. Wie sich letzteres erreichen lässt, damit beschäftigt sich die „mathematische Optimierung“. Besonders herausfordernd gestaltet sich die Optimierung eines komplexen Systems, wenn Unsicherheiten im Spiel sind, beispielsweise aufgrund von Zukunftsprognosen oder wegen saisonal schwankender Anforderungen – eine Ausgangslage, die in der Realität häufig vorkommt, die jedoch aufgrund ihrer enormen Komplexität von bestehenden Lösungsmethoden oft nicht abgedeckt werden kann. Während die Forschung auf theoretischer Ebene bereits enorme Fortschritte erzielt hat, steckt vor allem die praktische Umsetzung und die Anwendung der neu erzielten mathematischen Erkenntnisse auf reale Fragestellungen noch in den Kinderschuhen. An dieser Stelle setzt das MINOA-Netzwerk an. „Mithilfe der Förderung durch die EU werden wir zum einen neue, effektive Algorithmen entwickeln, die sich in viele Anwendungen integrieren lassen, und zum anderen eine neue Generation von Nachwuchskräften ausbilden, die mit dieser neuen Technologie umgehen können und sowohl in der Wissenschaft als auch in der Industrie zuhause sein werden“, kündigte MINOA-Koordinatorin Professor Frauke Liers, FAU, anlässlich des Kick-off-Meetings in Nürnberg an. „Das ist eine Aufgabe, die man nicht alleine bewältigen kann. Zur Lösung dieser komplexen Probleme müssen wir bestehende mathematische Methoden weiterentwickeln und clever kombinieren. Dafür braucht man ein internationales Team aus KollegInnen, die Expertise in ihren Fachbereichen mitbringen. Und man muss über Disziplingrenzen hinweg zusammenarbeiten.“
Gesucht: Hochmotivierte Promovierende
Insgesamt werden die ForscherInnen bis Ende 2021 zwölf Nachwuchskräfte aus den Bereichen angewandte Mathematik, Optimierung und Informatik ausbilden. Unterstützt werden sie dabei von mehreren kleinen bzw. mittleren Unternehmen sowie großen Firmen, die sich an der Ausbildung beteiligen und die neuen Methoden zum Einsatz bringen. Das MINOA-Konsortium hat eine entsprechende Stellenausschreibung veröffentlicht. Interessierte Studierende, die in einem der Bereiche angewandte Mathematik, Operationsforschung, Ingenieur- oder Computerwissenschaft promovieren möchten, können sich bis zum 4. Mai 2018 bewerben (die Deadline wird gegebenenfalls verlängert, bis alle Stellen besetzt sind). Alle DoktorandInnen werden ein eigenständiges Projekt im Rahmen des Netzwerks bearbeiten, das sich mit der theoretischen Weiterentwicklung von bestehenden Forschungsergebnissen bzw. deren praktischer Umsetzung in fünf konkreten Anwendungsfeldern beschäftigt.
Von der Grundlagenforschung zur Implementierung in fünf Anwendungsfeldern
Bei den theoretischen Fragestellungen kann das MINOA-Team auf die Ergebnisse eines Vorgängerprojekts zurückgreifen: Von 2012 bis 2016 legte das ebenfalls von der EU geförderte Promovierenden-Netzwerk „MINO“ die mathematischen Grundlagen und entwickelte bereits entsprechende Lösungsmethoden. Das neue Projekt vertieft die in MINO begonnene Forschung und ergänzt darüber hinaus das „A“, also die „Anwendung“: Bei „MINOA“ geht es nun darum, die Theorien weiterzuentwickeln und in konkrete Systeme zu implementieren – ein großer Schritt. Denn die Realität unterscheidet sich zum Teil deutlich von abstrakten Computerprogrammen. Die speziellen Herausforderungen, die bei der Überführung in Anwendungen auftreten können und auf die sich das Team konzentrieren wird, finden sich unter anderem in großen, unsicherheitsbehafteten Systemen sowie in Echtzeit-Anwendungen. Beispielsweise im internationalen Luftverkehr: Täglich gilt es, mehr als 20.000 Flugzeuge allein über Europa so zu lotsen, dass zum einen Sicherheitsabstände eingehalten werden, zum anderen der Luftraum optimal genutzt wird. Sich ändernde Wetterbedingungen gehören zu den Faktoren, welche die Planungen erschweren und ein rasches Reagieren erfordern, um die optimale Route für die einzelnen Flugzeuge zu ermitteln und so Verspätungen und Kerosinverbrauch auf ein Minimum zu reduzieren.
Die Einsatzfelder, in denen die neu zu entwickelnden Algorithmen Anwendung finden sollen, sind Energiemanagementsysteme und Energiemärkte, Transportsysteme (Logistik), die Quantenmechanik und die Analyse großer Datenmengen. Doch das ist nur der Start: „Wir erwarten, dass sich die dabei gewonnenen Erkenntnisse zur Lösung von Optimierungsproblemen und zu ihrer praktischen Umsetzung in reale Systeme auch über die untersuchten Anwendungen hinaus einsetzen lassen“, so Liers.
Zu MINOA
Das von der EU geförderte Projekt MINOA („Mixed-Integer Non-Linear Optimisation Applications“ – Finanzhilfevereinbarung Nr. 764759) ist zum 1. Januar 2018 gestartet und erhält bis 31. Dezember 2021 rund 3 Millionen Euro Fördermittel aus Horizon 2020, dem Europäischen Rahmenprogramm für Forschung und Innovation. Als Innovatives Trainingsnetzwerk („Innovative Training Network“, ITN) hat es zum einen die Aufgabe, neue Erkenntnisse im Bereich der angewandten Mathematik (gemischt-ganzzahlige nichtlineare Optimierung) zu gewinnen; zum anderen liegt der Fokus auf der Ausbildung von zwölf DoktorandInnen in Wissenschaft und Industrie. An MINOA sind zehn wissenschaftliche Einrichtungen sowie zwei Unternehmen aus fünf europäischen Staaten beteiligt. Unterstützt wird dieses Konsortium zudem von fünf assoziierten Unternehmen sowie drei assoziierten Universitäten. Koordiniert wird das Netzwerk an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Die weiteren Projektpartner sind:
In Frankreich: French National Center for Scientific Research und International Business Machine Corporation
In Italien: Italian National Research Council, Management Artificial Intelligence Operations Research und Universität Bologna
In den Niederlanden: Centrum Wiskunde & Informatica (CWI) und Universität Tilburg
In Deutschland: Universität Heidelberg, Technische Universität Dortmund und Universität Köln
In Österreich: Universität Klagenfurt.
Assoziierte Partner:
In Deutschland: Bayerische Forschungsallianz GmbH und Siemens AG
In der Schweiz: CRAY Computer GmbH
In Italien: Optit, Universität Pisa und Universität Rom
In den Niederlanden: Ortec Logistics Holding B.V.
In Frankreich: Universität Paris Saclay.
Themen in dieser Meldung:
Unternehmensinformation / Kurzprofil:
Die vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst geförderte Bayerische Forschungsallianz (www.bayfor.org) hat das MINOA-Konsortium bei der Antragstellung unterstützt. Im laufenden Projekt organisiert sie als assoziierter Partner Trainings für die NachwuchswissenschaftlerInnen und übernimmt Aufgaben bei der Verbreitung der Projektergebnisse.
Die BayFOR berät und unterstützt bayerische Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft umfassend beim Einwerben von europäischen Mitteln für Forschung, Entwicklung und Innovation mit dem Ziel, den Wissenschafts- und Innovationsstandort Bayern im Forschungsraum Europa fortzuentwickeln. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der EU, Horizon 2020. Als Partner im Enterprise Europe Network bietet sie zudem gezielte Beratung und Unterstützung für bayerische Unternehmen an, insbesondere KMU, die sich für eine Teilnahme an EU-Forschungs- und Innovationsprojekten interessieren. Die BayFOR ist eine Partner-Organisation in der Bayerischen Forschungs- und Innovationsagentur (www.forschung-innovation-bayern.de).
Bayerische Forschungsallianz GmbH
Prinzregentenstr. 52
80538 München
E-Mail: info(at)bayfor.org
Tel.: +49 (0)89 9901888-0
Prof. Dr. Frauke Liers
Koordinatorin MINOA
Professur für Diskrete Optimierung in den Ingenieurwissenschaften
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Tel.: +49 (0)9131 85-67161
E-Mail: frauke.liers(at)math.uni-erlangen.de
Kontakt in der BayFOR
Dipl.-Ing. Robert Iberl
Wissenschaftlicher Referent
Informations-/Kommunikationstechnologien |
Natur- & Ingenieurwissenschaften
Bayerische Forschungsallianz GmbH
Tel.:+49 (0)89 9901888-131
E-Mail: iberl(at)bayfor.org
Emmanuelle Rouard
Bereichsleiterin Presse- & Öffentlichkeitsarbeit
Bayerische Forschungsallianz GmbH
Tel.: +49 (0)89 9901888-111
E-Mail: rouard(at)bayfor.org
Datum: 26.04.2018 - 17:30 Uhr
Sprache: Deutsch
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Kontakt-Informationen:
Ansprechpartner: Emmanuelle Rouard
Stadt:
München
Telefon: +49 (0)89 9901888-111
Kategorie:
Forschung und Entwicklung
Anmerkungen:
(Belegexemplar bei Verwendung erbeten: Bayerische Forschungsallianz, Prinzregentenstr. 52, 80538 München)
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