VW Skandal - BGH Beschluss erhöht Chancen auf Schadensersatz gegen VW massiv; Ansprüche sind noch nicht verjährt
(ots) - Unter dem Aktenzeichen VIII ZR 225/17 hat das höchste
deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH) einen
Hinweisbeschluss zu einem Verfahren im VW Abgasskandal
veröffentlicht. Durch diesen Beschluss haben sich die Chancen der
Geschädigten auf Schadensersatz gegen VW massiv erhöht und zwar nicht
nur in Bezug auf den Kaufvertrag mit dem Händler, sondern auch auf
Schadensersatz direkt gegen die Volkswagen AG. In diesem Beschluss
stellt sich der BGH auf die Seite der Geschädigten. Der BGH stellt
seine vorläufige Rechtsauffassung dar. Er geht davon aus, dass ein
Fahrzeug, welches mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen
ist, einen Sachmangel aufweist. Außerdem kann die Nachlieferung eines
neuen Fahrzeuges nicht mit dem Hinweis auf einen Modellwechsel
abgewehrt werden. Der BGH nimmt ausführlich zu den Voraussetzungen
einer unzulässigen Abschalteinrichtung nach dem europäischen Recht
Stellung.
Es ist ein Paukenschlag aus Karlsruhe. Der Bundesgerichtshof sah
sich veranlasst, eine Stellungnahme zu dem Verfahren abzugeben, was
ungewöhnlich ist. Unter Hinweis darauf, dass das Verfahren verglichen
wurde, hob der Bundesgerichtshof den anberaumten Termin auf. Es gab
eigentlich keinen Anlass mehr Stellung zu dem Verfahren zu nehmen.
Die Volkswagen AG behauptet nunmehr, dass dieser Hinweisbeschluss
keinerlei Auswirkungen auf die Schadensersatzklagen gegenüber der
Volkswagen AG haben. Auch für die Musterfeststellungsklage spiele der
Beschluss keine Rolle.
Dem muss entschieden widersprochen werden. Zuletzt behauptete die
Rechtsvorständin Hiltrud Werner der Volkswagen AG noch, es gebe
weder Verluste noch Schäden und damit keine Rechtsgrundlage für eine
Klage. Dieser Aussage sorgte für erhebliche Entrüstung. Sie ist vor
dem Beschluss des BGH nicht mehr haltbar. In relativ neueren
Schriftsätzen behauptet die Volkswagen AG weiterhin, dass kein
Verstoß gegen EU-Recht vorliege und die Abschalteinrichtung nicht
unzulässig sei. Auch dies ist vor dem Hintergrund des BGH Beschlusses
nicht mehr haltbar. Der Volkswagen AG wurde durch den Beschluss des
BGH eine zentrale Argumentationsgrundlage entzogen.
Die Feststellungen des Bundesgerichtshofs zu dem Sachmangel
spielen eine zentrale Rolle sowohl in den einzelnen
Schadensersatzklagen gegenüber VW als auch in der
Musterfeststellungsklage.
So spielt beispielsweise der Sachmangel im Rahmen des
Vermögensschadens bei § 823, 263 StGB eine große Rolle. Im Rahmen des
Tatbestandes muss der Kläger nachweisen, dass ihm ein
Vermögensschaden entstanden ist. VW bestreitet dies bis heute, weil
es angeblich keinen Mangel gibt. Durch den Beschluss des BGH steht
jetzt fest, dass die manipulierten Fahrzeuge mangelbehaftet sind. Der
jeweilige Geschädigte hat dann einen Vermögensschaden. Er hat nämlich
den vollen Kaufpreis für einen mangelfreien Pkw bezahlt und nur einen
mangelhaften, manipulierten Pkw erhalten. Danach dem
Bundesgerichtshof jedoch ein Mangel nunmehr feststeht, unterliegen
die mangelhaften Fahrzeuge einem Makel. Ein mangelhaftes Fahrzeug
wird von keinem Käufer gleichwertig behandelt, wie ein mangelfreies
Fahrzeug. Der Schaden besteht also in dem Erwerb des mangelhaften
Fahrzeugs. VW kann nicht mehr behaupten, dass den Geschädigten kein
Schaden entstanden sei.
Weiterhin spielt die Feststellung des Mangels für die vorsätzliche
sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB eine ganz erhebliche Rolle.
VW hat bewusst veranlasst, dass massenweise mangelhafte Fahrzeuge
verkauft werden. Dabei wurde bewusst in Kauf genommen, dass die
Händler die Fahrzeuge verkaufen, ohne dass die Manipulation
aufgedeckt wird. Verdeckt hat VW daher die Händler zu einem
Vertragsbruch verleitet, ohne dass diese es wussten. Sie wurden für
die Machenschaften von VW missbraucht. Dies ist grob sittenwidrig und
verpflichtet die Volkswagen AG daher zum Schadensersatz. Auch
diesbezüglich kann sich VW nicht mehr damit herausreden, dass die
Fahrzeuge nicht mangelhaft seien und die Kläger keinen Schaden
hätten.
Schlussendlich nimmt der Bundesgerichtshof zu den Voraussetzungen
einer unzulässigen Abschalteinrichtung Stellung. Er geht davon aus,
dass die Verwendung der betreffenden Software im Fahrzeug des Klägers
unzulässig ist. Im Rahmen der Schadensersatzklagen gegen VW behauptet
VW bis heute, dass es keinen Verstoß gegen EU-Recht gebe. Auch dem
hat der Bundesgerichtshof nunmehr in aller Deutlichkeit eine Absage
erteilt. Nach dem Beschluss des BGH steht fest, dass Normen des
EU-Rechts verletzt wurden. Damit haben die Geschädigten sehr große
Chancen, Schadensersatz zu erhalten.
Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer
Rechtsanwaltsgesellschaft mbH teilt mit: "Es ist durchaus
verständlich, dass VW versucht, den Beschluss des BGH
herunterzureden. Offensichtlich hat die Volkswagen AG mit einem
solchen Hinweis nicht gerechnet. Deshalb hat sich die Volkswagen AG
offensichtlich auch vorher aus dem Verfahren durch einen lukrativen
Vergleich herausgekauft. Entgegen den öffentlichen Äußerungen von VW
hat der Beschluss jedoch weichreichende Bedeutung für alle Klagen
gegen die Volkswagen AG und gegen die Händler, egal ob es um
Kaufrecht oder um deliktische Ansprüche geht. Die Chancen der
Geschädigten haben sich durch den Beschluss massiv erhöht. Spätestens
jetzt sollten alle Geschädigten die Chancen nutzen, VW zu verklagen.
Die Ansprüche sind auch 2019 noch nicht verjährt und können bis Ende
2019 noch geltend gemacht werden."
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Datum: 26.02.2019 - 13:35 Uhr
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