Coface: Exporte stützen türkische Wirtschaft / Verlangsamte Inlandsnachfrage, höhere Kreditkosten und Abwertung der Lira bremsen Industrie-Dynamik
(ots) - Die Türkei erlebt eine starke wirtschaftliche
Verlangsamung und als Folge der Abwertung der Lira im Jahr 2018 einen
Inflationsschub. Dies trifft die Produktions- und Konsumdynamik des
Landes. In der Industrieproduktion sank das Wachstumstempo von rund 9
Prozent im Jahr 2017 auf 1,6 Prozent 2018. Schon Mitte letzten Jahres
hat der internationale Kreditversicherer Coface die
Länderrisikobewertung der Türkei auf hoch (C) herabgestuft. Im Herbst
folgte zudem eine Welle von Branchenabstufungen.
"Staatliche Maßnahmen haben zwar dazu beigetragen, einem weiteren
Anstieg der Inflation entgegenzuwirken und einige Branchen
vorübergehend zu unterstützen. Eine vollständige Erholung wird
allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen", erwartet Seltem Iyigün,
Economist für den Nahen Osten und die Türkei bei Coface. Die
Unternehmen leiden weiter unter einer schwächeren Binnennachfrage. Im
September 2018 stiegen die Erzeugerpreise im Jahresvergleich auf
einen Rekordwert von 46 Prozent, während die Verbraucherpreise um 24
Prozent anzogen. Zu den am stärksten betroffenen Sektoren gehören die
stark von der Inlandsnachfrage abhängigen Branchen wie das
Baugewerbe, der Einzelhandel sowie die Informations- und
Kommunikationstechnologien.
2018 stiegen aber die Exporte um 7 Prozent auf 168 Milliarden
US-Dollar. Dazu trugen besonders Chemie (plus 17%), Kraftfahrzeuge
(12%) und Papier (11%) bei, gefolgt von Textil und Bekleidung (5%)
sowie Nahrungsmitteln (4%). Der Automobilsektor war 2018 mit einem
Anteil von 17 Prozent an den Gesamtexporten die größte Exportbranche.
Sie profitierte insbesondere vom Wirtschaftswachstum in den
europäischen Ländern, in die 50,3 Prozent der Automotive-Ausfuhren
gehen, und von mehreren staatlichen Anreizen.
Die Türkei verfügt über eine Spezialisierung und Expertise bei
Textilien, Bekleidung, Metallen und Kunststoffen. In diesen Branchen
könnten in Zukunft weitere Fortschritte und Marktanteile erreicht
werden. Diese Entwicklung steht im Einklang mit dem neuen
Wirtschaftsprogramm der Regierung 2019-2020, das auf die
Wiederherstellung des Gleichgewichts in der Wirtschaft mit höheren
Exporten zielt. Pharmazeutika, Chemie, Petrochemie, Energie,
Maschinen und Software werden bei den Investitionen als vorrangig
angesehen.
"Das niedrige technologische Niveau und die begrenzte
Wettbewerbsfähigkeit sind Hemmnisse für den weiteren Ausbau der
türkischen Exporte", erklärt Seltem Iyigün. "Die Türkei ist
allerdings hochgradig in die globalen Wertschöpfungsketten integriert
und steht in enger Beziehung zur industriellen Produktion in Europa,
insbesondere in Deutschland, dem größten Exportmarkt der Türkei. Die
Exporterlöse werden daher von der Widerstandsfähigkeit des
europäischen Wachstums, insbesondere in der Automobil- und
Textil-Bekleidung-Branche, abhängen."
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Datum: 28.02.2019 - 10:41 Uhr
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