So klingt Arthrose: Schalldiagnostik hat Potenzial frühe Knorpelschäden zu erkennen / Pilotstudie zeigt vielversprechende Ergebnisse
(ots) - Arthrose ist die häufigste aller Gelenkerkrankungen
in Deutschland: Rund 18 Prozent der Erwachsenen haben eine Arthrose,
bei der die Knorpelschicht eines Gelenks zerstört wird - im
Extremfall bis zur Bewegungsunfähigkeit und Gelenkersatz. Forschungen
der Hochschule Fulda in Kooperation mit der Universitätsmedizin
Charité Berlin, der Universität Ulm und der Technischen Hochschule
Mittelhessen in Gießen haben das Ziel, den Knorpelschaden am Knie mit
einer schonenden Methode zu entdecken - der Schalldiagnostik.
Schalldiagnostik und MRT kommen zum gleichen Ergebnis
Orthopäden wissen es schon längt: Ein kaputtes Gelenk kann knarren
wie eine Tür. Was die Wissenschaftler herausgefunden haben:
Knorpelschäden haben einen ganz eigenen Sound, der für das
menschliche Ohr nicht hörbar ist. Wenn ein Patient mit Knorpelschäden
Kniebeugen macht, entstehen Geräusche, die typisch sind und sich von
anderen Geräuschen abheben - sie lassen sich durch die spezielle
Technik der Schallemissionsanalyse aufzeichnen mit einer Schallkurve.
Eine Pilotstudie, die jetzt im "Journal of Medical Engineering and
Physics" veröffentlicht wurde, zeigt vielversprechende Ergebnisse.
Die Resultate der Schalldiagnostik von 29 Patientinnen und Patienten,
die alle Knieschäden aufwiesen, stimmten mit zuvor angefertigten
MRT-Aufnahmen in 95 Propzent der Fälle überein. Das heißt: Nahezu
alle radiologisch bestätigten Schäden wurden auch mithilfe der
Schalldiagnostik entdeckt.
Die Forscher sehen ein großes Potenzial: "Die Schalldiagnostik
kann möglicherweise auch schon früher als Röntgenaufnahmen oder MRT
einen Gelenkverschleiß bemerken", hofft Prof. Dr. Udo Wolf, Mitautor
der Studie und Professor für Physiotherapie am Fachbereich Pflege und
Gesundheit der Hochschule Fulda. Für diesen Nachweis brauche es
jedoch weitere klinische Studien.
Diagnostik: Frühes Erkennen der Arthrose noch nicht möglich
Hintergrund: Knorpelschäden seien auf Röntgenbildern oder
MRT-Aufnahmen erst in einem späteren Stadium zu sehen, wenn der
Knorpel abgenommen hat und so dünn geworden ist, dass sich der
Gelenkspalt verschmälert hat und Knochen droht, auf Knochen zu
reiben, so Wolf. Meist ist jedoch der Knochen dann schon so
beschädigt, dass als Behandlungsoption oft nur noch das Einsetzen
eines neuen Gelenks infrage kommt. Die Hoffnung der Forscher: "Wenn
wir schon früh herausfinden könnten, dass eine Arthrose beginnt,
könnte man rechtzeitig therapeutisch entgegenwirken, etwa mit
Kompressionsbehandlungen oder Krafttraining", so der Physiotherapeut
Wolf. Die Schallemissionsprüfung hat Vorteile: Sie ist
vergleichsweise preisgünstig und schonend, weil es keine
Strahlenbelastung gibt.
Das zugrunde liegende Verfahren ist nicht neu -
Schallemissionsanalysen werden auch zur Überprüfung der Qualität von
Werkstoffen - etwa in der Autoindustrie - durchgeführt, um zu testen,
ob das verwendete Material einwandfrei ist. Dazu werden die
Materialen verformt - etwa durch mechanische Belastung, die zur
Emission von Schall führt.
Langjährige Forschung und Vorarbeiten
Für die Aufzeichnung der Geräusche von Knorpelschäden haben die
Wissenschaftler in ihrer langjährigen Forschungsarbeit ein spezielles
Mikrofon und Sensoren entwickelt, die diese spezifischen Schallmuster
automatisch ausfiltern. Um herauszufinden, wie ein kranker Knorpel im
Vergleich zum gesunden Knorpel klingt, wurden viele Test gemacht -
unter anderem auch am toten Material - dem Knochen. Die Forscher
setzten hier zum Beispiel definierte Schäden, rieben Knorpel ab oder
bohrten Löcher, um herauszufinden, wie unterschiedlich Gelenkschäden
klingen.
In der Pilotstudie brachten die Wissenschaftler dann am Kniegelenk
der 29 Testpersonen das Aufnahmegerät an und zeichneten die Geräusche
auf, während die Patientinnen und Patienten eine Kniebeuge machten,
wobei durch diese Belastung beim erkrankten Kniegelenk Geräusche
entstehen. Die Wissenschaftler notierten auch die Gradzahl der
Bewegung, bei der die typischen "Schadensgeräusche" auftreten, um
Hinweise auf den Ort der Knorpelschäden zu bekommen.
Dann verglichen sie ihre Resultate aufgrund Schalldiagnostik mit
zuvor angefertigten (ihnen unbekannten) MRT-Aufnahmen der Patienten -
und stellten eine Übereinstimmung in 95 Prozent der Fälle fest.
Ein Teil der Patientinnen und Patienten zeigte zudem auffällige
Schallmuster, obwohl die Röntgendiagnostik unauffällig war. In
weiteren Studien wollen die Forscher nun überprüfen, ob die
Schalldiagnostik sensibler ist und daher bereits kleine Veränderungen
am Knorpel wahrnehmen kann, die über das klassische bildgebende
Verfahren nicht erkennbar sind.
Die Arbeit ist im "Journal of Medical Engineering and Physics"
erschienen.
J. Kiselev ,B, Ziegler, H.J. Schwalbe, R.P. Franke, U. Wolf:
Detection of osteoarthritis using acoustic emission analysis. Journal
of Medical Engineering and Physics. März 2019 (65). S. 57-60
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1350453319300074
Pressekontakt:
Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Dr. Udo Wolf
Fachbereich Pflege und Gesundheit
Hochschule Fulda
E-Mail: udo.wolf(at)pg.hs-fulda.de
Pressestelle Hochschule Fulda
Dr. Antje Mohr
Tel.: 0661 9640-1050
E-Mail: antje.mohr(at)verw.hs-fulda.de
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Datum: 18.03.2019 - 10:44 Uhr
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