Pilotprojekt "Check Food Waste" zeigt: Kaum Lebensmittelverluste in der Tiefkühlwirtschaft / Blaupause für die Lebensmittelindustrie - dti setzt auf Freiwilligkeit (FOTO)
(ots) -
Am 2. Mai ist Tag der Lebensmittelverschwendung: ein Thema von großer gesellschaftlicher und ökologischer Relevanz, das immer wieder emotional diskutiert wird. Die Tiefkühlwirtschaft bringt nun handfeste Fakten in die Debatte, indem sie als erste Branche der Lebensmittelindustrie systematisch erfasste Daten zu Lebensmittelverlusten in Herstellung und Vertrieb vorlegt. Aus einer Kooperation des Deutschen Tiefkühlinstituts e.V. (dti) mit dem Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung an der Universität Witten/Herdecke (ZNU) und dem Beratungsunternehmen fjol GmbH ist eine neue, wissenschaftlich fundierte Methode entstanden, mit der Unternehmen erstmals ihre Verluste einheitlich und praxisnah nach internationalen Standards erfassen können. Der "Check Food Waste" zeigt aus Sicht des dti: Die teilnehmenden Unternehmen der Tiefkühlwirtschaft bemühen sich bereits stark um den effizienten und ressourcenschonenden Einsatz von Lebensmitteln. Weitere Reduktionen lassen sich nur durch individuelle, innovative Ansätze verwirklichen.
Die Ergebnisse des "Check Food Waste" sind eindeutig: Von allen fertig produzierten Tiefkühllebensmitteln erreichen im Durchschnitt 99,9 Prozent ihre Bestimmung und gelangen in die Tiefkühltruhen des Lebensmitteleinzelhandels, der Gastronomie oder privater Haushalte. Die aussagekräftigen Daten für die Jahre 2019 und 2020 zeigen außerdem: Im Durchschnitt werden 95 Prozent der verzehrbaren Rohwaren zu Tiefkühlprodukten verarbeitet. Zu den fünf Prozent Lebensmittelverlusten zählen dabei auch Abfälle wie Gemüse- und Kartoffelschalen und gesetzlich vorgeschriebene Rückstellproben, für die ein menschlicher Verzehr nicht angedacht ist.
Auch wenn zum Beispiel Schälreste oder etwa der Strunk eines Rotkohls nicht auf den Tellern der Verbraucher landen, so kümmert sich die Tiefkühlindustrie darum, dass auch diese wirtschaftlich sinnvoll weiterverwendet werden, das zeigt das Pilotprojekt. Insgesamt werden im Schnitt rund zwei Prozent der verzehrbaren Rohwaren in der Industrie oder - den strengen gesetzlichen Vorgaben entsprechend - zu Tierfutter weiterverarbeitet. Der verbleibende Anteil von im Schnitt etwa drei Prozent der verzehrbaren Rohwaren wird zu Abfall, der aber wiederum zum Großteil in Biogasanlagen verwertet wird. Dort wird aus der Biomasse wieder ein Energieträger.
Innovationen in der Produktion
Acht engagierte Unternehmen der Tiefkühlwirtschaft, darunter die Hersteller Conditorei Coppenrath & Wiese, Dr. Oetker, Erlenbacher und Nestlé Wagner haben sich am "Check Food Waste" beteiligt, dessen Methodik auf internationalen Standards basiert. Ebenfalls dabei ist bofrost*, das den Fokus als Direktvertriebsunternehmen auf die Logistik und Distribution gelegt hat. "Lebensmittel so effizient und ressourcenschonend wie möglich zu produzieren und zu distribuieren, ist für die Unternehmen gleichermaßen betriebswirtschaftlich sinnvoll wie ökologisch geboten. Mit unserem systematischen Ansatz haben Unternehmen nun erstmals ein praxisnahes Tool, um in den unternehmensübergreifenden Vergleich zu gehen und weitere Potentiale zu erkennen", erklärt Dr. Axel Kölle, Leiter des ZNU.
Eine konkrete Erkenntnis der Untersuchung: In der betrieblichen Praxis fallen Lebensmittelverluste zum Beispiel dann an, wenn auf einer Produktionslinie auf ein neues Produkt gewechselt wird, denn zwischen zwei Chargen müssen die Produktionsanlagen aus Hygiene- und Qualitätsgründen gereinigt werden. Um die dabei entstehenden Verluste so gering wie möglich zu halten, ist es wichtig, Arbeitsabläufe bei Chargenwechseln klar zu definieren und die Produktion bestmöglich zu planen.
Weiteres Potential, um Lebensmittelverluste zu verringern, liegt für die Unternehmen in innovativen Verfahrenstechniken. Beispielsweise hat Coppenrath & Wiese durch eine Erweiterung der Apfelschälanlage erreicht, dass die Schäläpfel statt zu 75 Prozent jetzt zu 95 Prozent verwertet werden. Weil die Möglichkeiten solcher Ansätze stark von den verarbeiteten Rohwaren abhängen, ist das weitere Einsparpotential von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich.
Lebensmittelverluste entstehen vor allem in den privaten Haushalten
Mehr als die Hälfte der verschwendeten Lebensmittel in Deutschland fallen laut Thünen-Institut in privaten Haushalten an. Dank ihrer langen Haltbarkeit und guten Portionierbarkeit sind tiefgekühlte Lebensmittel vor allem hier ein wichtiger Baustein, um "Food Waste" zu vermeiden: 78 Prozent der im Herbst 2021 für das TK-Trendbarometer befragten Verbraucher:innen geben an, dass die lange Haltbarkeit von TK-Produkten ihnen helfe, weniger Lebensmittel wegzuwerfen. Tiefkühlprodukte schaffen Freiräume und Flexibilität, sorgen dafür, jederzeit frische Lebensmittel zur Hand zu haben und erleichtern die Bevorratung.
Auch im Lebensmitteleinzelhandel wird Tiefkühlware selten entsorgt: Die Umsatzverluste liegen nach Berechnungen des Thünen-Instituts bei unter 0,3 Prozent, wobei TK-Produkte gemeinsam mit Getränken und Trockensortimenten erfasst wurden. "Die Ergebnisse des "Check Food Waste" zeigen deutlich, dass auf der Stufe der Herstellung und des Vertriebs von Tiefkühlprodukten mit hoher Effizienz und geringen Verlusten gearbeitet wird", fasst Dr. Sabine Eichner, Geschäftsführerin des Deutsches Tiefkühlinstitut e.V., zusammen. "Zusammen mit ihren nachweislich geringeren Verlustraten beim Verbraucher sind sie ein echter Game-Changer im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung. Verpflichtende politische Reduktionsziele halten wir vor diesem Hintergrund für nicht notwendig - zu individuell sind die verbleibenden Einsparpotentiale je nach verarbeiteten Rohwaren und unterschiedlichen Produkten. Als Managementaufgabe sollten sich Unternehmen eigene realistische Ziele setzen und Lebensmittelverluste weiter reduzieren, dazu sind solide Daten eine Voraussetzung. Wenn die Bundesregierung Lebensmittelverluste reduzieren will, sollte sie vor allem Anreize in den privaten Haushalten schaffen und den Einsatz einer einheitlichen Methode der Datenerhebung bei Unternehmen fördern."
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Dr. Sabine Eichner
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