Mehr als Schiffbau: Werften mit Wertschöpfung von Anfang an
Schiffsrecycling, ressourcenorientierter Schiffbau, zeitgemäße Neuausrichtung – Kreislaufwirtschaft und innovatives Know-how bieten den Werften in Deutschland neue Möglichkeiten und Chancen. Auf einer dreitägigen Info-Reise für Mitglieder und Interessierte hat das Maritime Cluster Norddeutschland (MCN) die aktuelle Entwicklung der maritimen Branche gezeigt und Impulse für umweltbewussten Schiffbau gegeben – mit Vorträgen, Besichtigungen und Eindrücken von Kiel bis ins dänische Esbjerg.
(industrietreff) - Schiffsrecycling, ressourcenorientierter Schiffbau, zeitgemäße Neuausrichtung – Kreislaufwirtschaft und innovatives Know-how bieten den Werften in Deutschland neue Möglichkeiten und Chancen. Auf einer dreitägigen Info-Reise für Mitglieder und Interessierte hat das Maritime Cluster Norddeutschland (MCN) die aktuelle Entwicklung der maritimen Branche gezeigt und Impulse für umweltbewussten Schiffbau gegeben – mit Vorträgen, Besichtigungen und Eindrücken von Kiel bis ins dänische Esbjerg.
Mehr als 700 Schiffe werden jedes Jahr weltweit außer Dienst gestellt und abgewrackt. Von Interesse ist dabei zunehmend nicht nur der CO2-sparende Gebrauchtstahl, sondern die Gesamtheit der verwendeten Rohstoffe. Gleichzeitig stehen die Praktiken der Abwrack-Betriebe in Asien mit Blick auf die Arbeitsbedingungen und den Umweltschutz zunehmend international in der Kritik. Mit der aktuellen Exkursion vom 25. April bis 27. April 2023 hat das MCN die Vielfalt der Möglichkeiten im nachhaltigen Schiffbau der Zukunft für Deutschland und Europa benannt und gezeigt.
„Die Bedeutung von Schiffsrecycling wird deutlich zunehmen. Allein der Stahl ist ein wertvoller Rohstoff, der in Deutschland gebraucht wird – wie etwa für den Ausbau von Windparks“, erläuterte Dr. Susanne Neumann, MCN-Geschäftsstellenleiterin Niedersachsen. „Nachhaltiger Schiffbau greift das Cradle-to-Cradle Prinzip der Kreislaufwirtschaft bereits in der Produktion auf, um Rohstoffe im späteren Recycling leichter verwertbar zu machen. Das hilft auch dabei, Energie einzusparen und Kosten zu senken.“
Gleich fünf Beispiele aus der Praxis haben die knapp 40 Teilnehmer:innen auf der MCN-Exkursion hautnah erlebt: Bei GERMAN NAVAL YARDS, der Leviathan GmbH, der Gebr. Friedrich Schiffswerft (alle in Kiel) sowie der Smedegaarden A/S und Nicon Indstries A/S im dänischen Esbjerg. Während die Leviathan GmbH und Smedegaarden AS vor allem im Schiffsrecycling neue Schwerpunkte setzen und außergewöhnliche Techniken entwickeln, konzentrieren sich die drei anderen Werftbetriebe auf innovative Konzepte und Konstruktionen für die maritime Branche.
„Als europäische Schiffbaugruppe CMN NAVAL arbeiten wir zukunftsorientiert in verschiedenen Bereichen. So wird aktuell die Gezeitenturbine HydroQuest zur nachhaltigen Energiegewinnung in Frankreich entwickelt“, erklärte Mark Siever, Business Development von GERMAN NAVAL YARDS. Auch seien unbemannte Überwassersysteme für die Marine in der Entwicklung. Um autonomen Schiffsverkehr geht es auch bei Zukunftsprojekten der Gebr. Friedrich Schiffswerft. Das Unternehmen hat im Auftrag der Fachhochschule Kiel ein Versuchsschiff für den perspektivischen Betrieb ohne Personal auf der Kieler Förde gebaut.
Hierbei wird ebenfalls neben der Funktionalität größter Wert und Augenmerk auf die Nachhaltigkeit gelegt – das erklärte Ziel der Werft für die Zukunft, sagte Geschäftsführerin Katrin Birr anlässlich der Exkursion: „Jedes Schiff muss in seiner Gesamtheit betrachtet werden: beginnend mit dem Einsatz recycelfähiger Materialien in demontagefähigen Systemen, über die klare Nachverfolgbarkeit und Dokumentation aller Materialien bis hin zur Konservierung und Beschichtung. Hinzu kommt aber auch ein optimiertes Design, was eine innovative Weiterentwicklung des Schiffes zulässt, um die Nutzungsdauer intelligent zu erhöhen.“
Im gut 170 Kilometer von Kiel entfernten Esbjerg setzt Smedegaarden A/S diesen Gedanken in die Praxis um. Das Unternehmen ist offiziell von der EU als Betrieb für grünes Recycling von Schiffen zertifiziert und gelistet. Die Firma baut nicht nur Schiffe und Offshore-Konstruktionen direkt auf dem Betriebsgelände zurück, sondern lagert und verkauft auch brauchbare Einzelteile von der Mechanik bis zur Elektronik für die Weiternutzung durch Dritte – Kreislaufwirtschaft in Perfektion.
„In Deutschland tut man sich mit der Zulassung solcher Recycling-Anlagen auf Basis von EU-Vorschriften noch schwer. Der Grund sind verschiedene nationale Regularien“, bemängelte Susanne Neumann vom MCN. Dabei habe Deutschland nicht nur das Potenzial, sondern auch die einmalige Chance, sich als Standort für nachhaltiges und kompetentes Schiffsrecycling als Vorreiter zu etablieren. „Dafür muss aber zeitnah reagiert werden“, so Neumann.
Auf dem Gelände der GERMAN NAVAL YARDS in Kiel ist jetzt schon sichtbar, wie diese Zukunft aussehen kann. Die Leviathan GmbH nutzt das Firmenareal für das Schiffsrecycling und wendet dabei ein besonderes Verfahren an. Der Stahl wird durch einen Strahl mit einem Wasser-Sand-Gemisch auseinandergeschnitten. Damit ist die Firma im Arbeitsprozess nach eigener Aussage der erste 100-Prozent emissionsfreie Schiffsrecycling-Betrieb der Welt. Die Einzelteile und Komponenten des Schiffes werden anschließend wiederverwertet und entsorgt.
„Schiffsrecycling wird ein wichtiger industrieller Kern für eine nachhaltige maritime Wirtschaft. Mit hocheffizienten Recyclingprozessen stellt das Schiffsrecycling ein wichtiges Standbein zur Rohstoffsicherung Deutschlands dar“, erklärte Leviathan-Geschäftsführer Karsten Schumacher im Rahmen des Besuchs durch die MCN-Delegation. „Es braucht dafür spezialisierte und automatisierte Betriebe um zukunftsfähig zu sein.“
Um die Busfahrt zu den einzelnen Stationen der Exkursion zu nutzen, rundeten Vorträge von der NGO Shipbreaking Platform, der GSR Services GmbH sowie der Leuphana Universität Lüneburg das umfangreiche Programm ab. Mit der Vielfalt der unterschiedlichen Firmen und Konzepte haben die Teilnehmer:innen der Exkursion nicht nur einen intensiven Einblick in die laufende Entwicklung der maritimen Branche bekommen. Auch die Motivation für eigene Projekte und Kooperationen wurde damit angeschoben. „Wir wollen durch unsere Reise auch dänische und deutsche Unternehmen zusammenbringen, damit sie maritime Projekte länderübergreifend bearbeiten können“, betonte Susanne Neumann vom MCN und hatte mit ihrem Team gleich schon finanzielle Unterstützung organisiert. „Im Bus waren auch Vertreter der niedersächsischen NBank. So konnte direkt über passende Fördermittel gesprochen werden.“
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Unternehmensinformation / Kurzprofil:
Das Maritime Cluster Norddeutschland (MCN) fördert und stärkt die Zusammenarbeit in der norddeutschen maritimen Branche. Es ermöglicht Plattformen des Dialogs der Akteur:innen untereinander und fördert Innovation und Schnittstellen zu anderen Branchen. Mit Geschäftsstellen in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ist das MCN präsent und kooperiert mit den Akteur:innen vor Ort. Es unterstützt unter anderem bei der Suche nach Innovationspartner:innen, informiert zu Förderprogrammen und vermittelt Kontakte in die maritime Branche. Mehr als 350 Unternehmen und Institutionen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sind Mitglied im MCN. Insgesamt neun Fachgruppen koordiniert das MCN zu den Themen Innovationsmanagement, Maritime Informations- und Kommunikationstechnologien, Maritimes Recht, Maritime Sicherheit, Maritime Wirtschaft Offshore Wind, Personal und Qualifizierung, Schiffseffizienz, Unterwasserkommunikation sowie Yacht- und Bootsbau.
Das Maritime Cluster Norddeutschland wurde 2011 gegründet. Zunächst arbeiteten die Länder Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein in dem länderübergreifenden Cluster zusammen, im September 2014 kamen auch Bremen und Mecklenburg-Vorpommern hinzu. Seit 2017 agiert das MCN als Verein.
Sandra Rudel, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
040 227019-498, sandra.rudel(at)maritimes-cluster.de
Maritimes Cluster Norddeutschland e. V.
Wexstraße 7
20355 Hamburg
Datum: 28.04.2023 - 14:47 Uhr
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