"Die Regulierung von KI steht für ein sicheres Europa" / Ein Kommentar von TÜV NORD-CEO Dr. Dirk Stenkamp zum EU AI Act
(ots) - Mit Inkrafttreten des EU AI Act leben wir auf dem Kontinent, der uns weltweit am wirkungsvollsten vor den Gefahren künstlicher Intelligenz (KI) schützt. Die Verordnung legt für alle EU-Mitgliedsstaaten einheitliche Sicherheits- und Risikokriterien für den Einsatz von KI-Systemen fest.
Jetzt, am Ende eines langen politischen Abstimmungsprozesses, können wir sagen: Das Warten hat sich gelohnt. Offene und kontroverse Debatten, unzählige Verhandlungsrunden und der Austausch von Argumenten verkünden im Kern: Europa sagt "Ja" zu einem menschzentrierten und wertebasierten Einsatz von KI und "Ja" zur sinnvollen Regulierung einer Technologie, deren eindrucksvolle Entwicklung erst am Anfang steht. Die Einführung von ChatGPT fand in weniger als 5 Tagen über 100 Millionen Nutzer- ein Rekord. Allein in den USA investierten 2023 die Tech-Riesen Microsoft, Google und Amazon 27 Milliarden Dollar in KI-Projekte. Längst zeichnet sich ab, dass künstliche Intelligenz und die Möglichkeiten ihrer Anwendungen exponentiell skalieren. Genauso offensichtlich ist aber auch, dass KI dem Menschen nicht nur helfen, sondern auch schaden kann: Sei es durch Gefährdung kritischer Infrastrukturen, wie beispielhaft Krankenhäuser oder Energieversorgung, ebenso wie durch Massenverbreitung von Falschinformation mittels KI-basierter Suchmaschinen oder Social Media-Applikationen.
Der EU AI Act reguliert als zweite wichtige Säule neben dem EU Data Act vier wesentliche Themenfelder, um KI-basierte Innovationen zu fördern und gleichzeitig Grundrechte zu schützen: Safety (technische Sicherheit) muss gewährleistet werden, um KI-Systeme, beispielhaft bei automatisiert fahrenden Fahrzeugen, zuverlässig und sicher betreiben zu können und dabei weder Menschen noch Infrastruktur gefährden. Ebenso verpflichtend ist Security (IT-Sicherheit), wonach KI-Systeme wirkungsvoll gegen Cyberangriffe zu schützen sind. Die Sicherstellung von Privacy betrifft die Wahrung der Privatsphäre des Menschen und wird ebenfalls vom EU AI Act eingefordert. Schlussendlich sind auch Ethical Principles (ethische Grundwerte), die auf den Werten der EU-Völkergemeinschaft basieren, von KI-Systemen zu erfüllen. Das Risikopotential von KI-Anwendungen ordnet der EU AI Act gemäß der Abfolge niedrig-begrenz-hoch-inakzeptabel in insgesamt vier Risikoklassen ein. Aktuell wird mit Hochdruck an harmonisierten Normen und Standards gearbeitet, welche die Regularien des EU AI Act nach Ablauf unterschiedlicher Übergangsfristen von 6 bis 36 Monaten für die vier Risikoklassen wirkungsvoll überprüfbar machen und bei deren Nichteinhaltung Haftungsrisiken und Geldstrafen drohen.
Bei der Umsetzung des EU AI Act kommt auf KI-Entwickler ebenso wie auf Unternehmen und Institutionen, die KI einsetzen, eine Mammutaufgabe zu. Für die Entwicklung von KI-Applikationen müssen Prüfmethoden und Prüftools entwickelt werden, welche die Einhaltung der geforderten Regularien wirkungsvoll und effizient überprüfbar machen. Dabei werden sich solche KI-Anbieter einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, die bereits heute beginnen, Sicherheitsvorgaben und Risikokriterien des EU AI Act zu berücksichtigen. Nutzer hingegen müssen darauf vertrauen können, dass KI-Applikationen die geforderten Regularien einhalten. Aus diesem Grunde engagieren sich die TÜV-Unternehmen in Deutschland dafür, Prüfmethoden und Prüfkriterien zu entwickeln, die KI-Anwendungen sicher, transparent und verordnungskonform machen. Ob auf freiwilliger Basis für die unteren KI-Risikostufen oder verpflichtend für Hochrisiko-KI: Eine flächendeckende Prüfung von KI-Applikationen durch unabhängige Prüfer wie dem TÜV wird signifikant zur Vertrauensbildung in der Gesellschaft beitragen und dadurch den Masseneinsatz von vertrauenswürdiger KI beschleunigen.
Einen Fokus legt der EU AI Act auch auf die Regulierung von KI-Systemen mit allgemeinem Verwendungszweck (sog. General Purpose AI). Dies sind leistungsstarke KI-Systeme, die generalistisch für die Lösung multipler Problemstellungen wie Bild- und Spracherkennung, Sprachübersetzung, Textgenerierung oder die Beantwortung von Fragen (Anwendung ChatGPT) eingesetzt werden können. Auch für diese hochkomplexen KI-Systeme, die auf neuronalen Netzwerken und maschinellem Lernen mit Milliarden angelernter Parameter basieren, entwickeln TÜV-Unternehmen bereits heute wirkungsvolle Prüfmethoden, die das Risiko senken, dass Fakenews Verbreitung finden, die KI selbst angegriffen werden kann oder ethische Grundsätze verletzt werden. Die Transparenzpflicht für diese zukunftsweisenden KI-Systeme - an die Applikationen vieler anderer, oft kleiner Hersteller oder Start-Ups andocken - in Bezug auf Dokumentation, Urheberrechtsschutz und verwendeter Trainingsdaten ist ein historischer Verdienst des EU AI Act.
Wie eng die gesellschaftliche und technologische Entwicklung ineinandergreift, zeigt der Wunsch der mehr als 500 Millionen Europäer nach Frieden, Sicherheit und Wohlstand. Der EU AI Act stärkt diese gesellschaftlichen Grundwerte und trägt dazu bei, dass Konflikte und Spannungen reduziert werden, die durch Missbrauch von KI entstehen können. Durch den klaren Rechtsrahmen werden Unternehmen ermutigt, KI-Technologien in Europa zu entwickeln und einzusetzen. Er ermöglicht wirtschaftliches Wachstum, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Zudem sichert der EU AI Act die Vielfalt und den Schutz der Rechte aller Bürger, unabhängig von Herkunft, Kultur oder Identität.
Mit einer menschzentrierten und wertebasierten KI-Regulierung haben wir die Chance, ausgehend von unserem Kontinent einen fundamentalen Beitrag zur Sicherheit einer der weltweit wichtigsten technologischen Entwicklungen seit der ersten industriellen Revolution zu leisten: der künstlichen Intelligenz. Auf diese Weise kann auch "AI made in/for Europe" ein Gütesiegel werden, das weltweit für Vertrauen steht.
Redaktioneller Hinweis: Hier finden Sie ein druckbares Bild von Dr. Dirk Stenkamp, Vorstandsvorsitzender der TÜV NORD AG TÜV NORD GROUP setzt Wachstumskurs fort: Mit unabhängigen Prüfungen und digitalen ... | Presseportal (https://www.presseportal.de/pm/38751/5753839)
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