Deutsche Stahl- und Metallunternehmen rutschen weiter ins Minus
(ots) -
- Steigende Zahl an Insolvenzen erwartet
- Atradius: Jedem zehnten Unternehmen droht mittel- oder langfristig das Aus
Hohe Energiepreise, Überkapazitäten und geringe Investitionstätigkeiten verschärfen die Krise der deutschen Stahl- und Metallverarbeiter. "Nach der kurzzeitigen Hoffnung auf Wachstum ist die Ernüchterung in der Branche zurückgekehrt", erklärt Frank Liebold, Country Director Deutschland beim Kreditversicherer Atradius. Steigende Insolvenzzahlen, Kurzarbeit und Zahlungsausfälle sind die Folge. In den nächsten fünf Jahren könnte jedes zehnte Unternehmen aus der Stahl- und Metallbranche vom Markt verschwunden sein.
Derzeit sind in den etwa 1.000 Betrieben der deutschen Metallerzeugungs- und -bearbeitungsbranche rund 240.000 Menschen beschäftigt. Angesichts der schwierigen Lage der Branche rechnet Atradius damit, dass sich die Zahl der Unternehmen in den kommenden fünf Jahren um bis zu zehn Prozent reduzieren kann. Die ersten vier Monate dieses Jahres waren von weiteren Umsatzrückgängen geprägt. Insgesamt sank der Umsatz in diesem Zeitraum um 10 Prozent - ein Abwärtstrend, der bereits Mitte 2023 einsetzte. "Die Stahl- und Metallbranche ist stark von den drei Kernmärkten Automobil, Bau und Maschinenbau abhängig. Alle drei Branchen stecken selbst tief in der Krise, was massive Auswirkungen auf die Stahl- und Metallnachfrage hat", erklärt Frank Liebold. Eine Verbesserung der Lage ist laut Atradius in diesem Jahr nicht mehr zu erwarten. "Das vierte Quartal ist grundsätzlich umsatzschwach. Dass eine Erholung im dritten Quartal erfolgte, sehen wir bei den aktuellen Entwicklungen nicht", erläutert Frank Liebold. Mit einer Stabilisierung sei frühestens Mitte 2025 zu rechnen.
Kostendruck erhöht sich
Auf die rückläufige Nachfrage haben viele Unternehmen mit Kostensenkungen reagiert. Zudem gab es einen merklichen Anstieg von Kurzarbeit. Mit 32 Prozent liegt die Branche damit deutlich über dem Durchschnitt von 13 Prozent im Verarbeitenden Gewerbe. "In Zeiten des Fachkräftemangels können es sich die Betriebe schlichtweg nicht leisten, Stellen abzubauen", so Frank Liebold. Denn: Bei einem Anziehen der Konjunktur würden diese Fachkräfte dann wieder fehlen. Gleichwohl kommt es aufgrund der anhaltend negativen Entwicklung, insbesondere im Automobil-Zuliefererbereich, derzeit zu Kapazitäts- und Personalanpassungen.
Aufgrund der seit Januar geltenden Netzentgelterhöhung und der bürokratischen Hürden der Stromsteuerentlastung, verbleiben die Energiepreise in Deutschland auf einem hohen Niveau. Damit liegen die Kosten weit über denen in anderen europäischen Ländern oder denen der USA. "Das ist ein ganz klarer Wettbewerbsnachteil - nicht nur für deutsche Unternehmen, sondern für das ganze Land. Deutschland wird als Produktionsstandort zunehmend unattraktiv", so Frank Liebold. Gleichzeitig erhöhen Banken die Finanzierungskosten für Kredite und setzen striktere Finanzierungsbedingungen fest. "Aktuell ist es wichtiger denn je, die eigene Liquidität zu schützen", mahnt Frank Liebold.
Zahl der Insolvenzen steigt
Die Zahl der Insolvenzen im Stahl- und Metallbereich ist in den ersten neun Monaten dieses Jahres weiter gestiegen. "Wir beobachten seit neuestem, dass in Schieflage geratene Unternehmen seltener restrukturiert werden und stattdessen direkt in die Insolvenz gehen. Die Insolvenzen in Eigenverwaltung haben zwar zugenommen, aber insgesamt werden weniger Unternehmen mangels positiver Restrukturierungsaussichten fortgeführt", erklärt Frank Liebold. "Unternehmen, die bereits vor der Corona-Pandemie Probleme hatten und sich nur dank der Corona-Hilfen retten und teilweise restrukturieren konnten, haben aktuell deutlich stärkere Herausforderungen. Viele Restrukturierungen sind noch nicht abgeschlossen und die Unterstützung der Banken für eine erneute Restrukturierung ist zurückhaltender geworden."
Das schlägt sich auch in Zahlen nieder: So stieg die Zahl der Schadenanmeldungen bis Mitte September im Stahl- und Metallbereich bei Atradius um 18 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die potenziellen Schäden erreichen in diesem Sektor schnell Beträge von mehreren Millionen Euro.
Über Atradius
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