BUND und NABU ziehen umweltpolitische Halbzeitbilanz von Schwarz-Gelb:Öko-Zeugnis der Bundesregierung offenbart erhebliche Mängel
(ots) - In einer umweltpolitischen Halbzeitbilanz haben der
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der
Naturschutzbund Deutschland NABU die Arbeit der schwarz-gelben
Regierungskoalition kritisiert und für die kommenden zwei Jahre
konkrete Fortschritte bei der ökologischen Modernisierung
Deutschlands angemahnt. Der größte Fehler von Schwarz-Gelb sei die
Verlängerung der AKW-Laufzeiten um durchschnittlich zwölf Jahre
gewesen. Zwar sei dies nach dem Gau von Fukushima korrigiert worden,
doch die dringend benötigte Energiewende ginge viel zu schleppend
voran.
"Die Energiepolitik der Regierung hakt an vielen Ecken und Enden",
kritisierte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Ein haarsträubendes
Beispiel sei die geplante Subventionierung neuer Kohlekraftwerke mit
Geld aus dem Energie- und Klimafonds. Völlig vernachlässigt würde von
Schwarz-Gelb die Energieeffizienz. "Es kann keine Energiewende ohne
Energieeffizienz geben", betonte der NABU-Präsident, "aber
ausgerechnet im Bereich Energiesparen und insbesondere bei der
Gebäudesanierung hat diese Regierung außer Lippenbekenntnissen nichts
vorzuweisen."
Zwar hätten Kanzlerin Merkel sowie die Minister Röttgen und Rösler
immer wieder die enorme Bedeutung der Energieeffizienz betont, aber
zugleich blockierten sie die Pläne von EU-Energiekommissar Günther
Oettinger, konkrete Einsparziele für Energieversorger verbindlich
festzulegen. "Auch auf nationaler Ebene enthält das Gesetzespaket zur
Energiewende keine einzige echte Verbesserung der Energieeffizienz",
kritisierte Tschimpke. Im Streit mit dem Bundesrat rufe die Regierung
nicht einmal den Vermittlungsausschuss an, um die wichtigen
Steueranreize für die Gebäudesanierung doch noch zu retten. "So jagt
diese Regierung ihre eigenen Klimaschutzziele durch den Kamin", so
Tschimpke.
"Die größte ökologische Einsicht der Merkel-Regierung war das
Abschalten von acht deutschen Risiko-Meilern", sagte
BUND-Vorsitzender Hubert Weiger. "Die Bundesregierung hätte jedoch
auch ohne die Katastrophe von Fukushima wissen müssen, welche Gefahr
von Atomkraftwerken ausgeht. Mit dem späten Abschalten des letzten
Meilers im Jahre 2022 konterkariert sie zudem den schnellen
Atomausstieg und verzögert die Energiewende. Beim Klimaschutz hinkt
Schwarz-Gelb in fast jeder Hinsicht hinterher und versucht sogar auf
EU-Ebene ehrgeizige Klimaziele zu verhindern. Will Deutschland seine
CO2-Reduktionsziele noch erreichen, muss sich die Bundesregierung für
mindestens minus 30 Prozent CO2 in Europa bis 2020 einsetzen und ein
Klimaschutzgesetz auf nationaler Ebene verabschieden. Was auf keinen
Fall geschehen darf ist, dass die gefährlichen Atommeiler durch
klimaschädliche Kohlekraftwerke ersetzt werden."
Beim Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie der benötigten Netze
und Speicher müsse der Naturschutz berücksichtigt werden, mahnte der
NABU-Präsident Tschimpke. "Der Eingriff in unsere Landschaft durch
den Ausbau der Erneuerbaren muss so naturverträglich wie möglich
gestaltet werden, sonst verlieren wir die Unterstützung der Bürger
für eine zukunftsfähige Stromversorgung. Insbesondere beim Netzausbau
muss die Bundesregierung zeigen, dass Energiepolitik, Naturschutz und
Bürgerbeteiligung zusammen gehören, sonst kann die Energiewende nicht
gelingen", forderte Tschimpke.
Weiger zufolge steht auch die Agrarpolitik am Scheideweg. "Die
Bundesregierung darf sich nicht weiter gegen eine Agrarreform in
Brüssel stemmen. Sie muss den Mut haben, die Millionensubventionen
und gesetzlichen Privilegien für die Agrarindustrie endlich
abzubauen. Sonst werden unter dem Preisdruck der Ernährungsindustrie
die bäuerlichen Betriebe und mit ihnen artenreiche Wiesen und Weiden
sowie die Option auf mehr Tierschutz verschwinden." Bei der
anstehenden Novelle des Gentechnikgesetztes müsse Ministerin Aigner
endlich Abstände zwischen Gentechfeldern und Bienenstöcken festlegen.
Diese müssten sich am Flugradius der Bienen orientieren und
mindestens fünf Kilometer betragen.
Absurd sei die unter Schwarz-Gelb eingeführte
Energie-Kennzeichnung für Autos, kritisierte der BUND-Vorsitzende.
Demnach erhalte mancher spritfressender SUV ein grünes Label und
täusche somit Umweltfreundlichkeit vor. "Eine ökologische
Verkehrspolitik ist nach wie vor das Stiefkind von Schwarz-Gelb. Noch
immer fließt zu viel Geld in sinnlose Prestigeprojekte statt in den
Erhalt von Verkehrswegen und den öffentlichen Personennahverkehr",
sagte Weiger. Er kritisierte außerdem den laufenden Feldversuch mit
bis zu 44 Tonnen schweren Riesen-Lastwagen als riskant und
überflüssig. Sinnvoller wären mehr Gütertransporte mit der Bahn.
NABU-Präsident Tschimpke kritisierte Verkehrsminister Ramsauer scharf
für seine Blockade der im Koalitionsvertrag zugesagten Vorlage eines
"Bundesprogramms Wiedervernetzung".
Zum Bereich Ressourcenpolitik sagte Tschimpke: "Die
Bundesregierung lässt sich gerne als Recyclingweltmeister feiern,
doch tatsächlich fällt und fällt die deutsche Recyclingquote und der
meiste Abfall wird einfach verbrannt." Daran ändere auch das neue
Kreislaufwirtschafts-gesetz nichts, denn es sei ambitionslos und
schwach. "Es unterfordert die Bürger und zementiert Nachteile für
Recycling- und Wiederverwendungsbetriebe", erklärte Tschimpke.
Der BUND kritisierte Verbraucherschutzministerin Aigner, die es im
aktuellen "UN-Jahr der Chemie" versäumt habe, Mensch und Umwelt
ausreichend vor gefährlichen Chemikalien zu schützen. Weiger warf
Aigner vor, nichts gegen gesundheitsschädliche Weichmacher in
Kindertagesstätten unternommen zu haben. Umweltminister Röttgen habe
ein Register für Nano-Produkte auf die lange Bank geschoben. Damit
fehlten den Verbrauchern Hinweise, in welchen Produkten
gesundheitlich bedenkliche Nano-Partikel enthalten sein könnten.
Pressekontakt:
Almut Gaude, BUND-Pressereferentin, Tel. 030-27586-464/-489, E-Mail:
presse(at)bund.net, www.bund.net; Karin Deckenbach,
NABU-Pressesprecherin, Tel. 030-284 984 1510, presse(at)NABU.de,
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