Katastrophenvorsorge: Menschen mit Behinderung einbeziehen
Katastrophenvorsorge: Menschen mit Behinderung einbeziehen
(pressrelations) -
Ashutosh Dey, zuständig für die Katastrophenvorsorgeprojekte der Johanniter in Afghanistan
Überflutungen, Dürren, Erdbeben und Erdrutsche stellen für die ohnehin sehr arme Bevölkerung im Norden Afghanistans eine zusätzliche Herausforderung dar. Bereits im Jahr 2010 hat die Johanniter-Auslandshilfe begonnen, Projekte zur Katastrophenvorsorge und medizinischen Erstversorgung durchzuführen, um die lokale Bevölkerung besser auf mögliche Krisensituationen vorzubereiten.
Ein besonderes Augenmerk legt das Team von internationalen und afghanischen Trainern auf die besonderen Risiken, mit denen Menschen mit Behinderung im Katastrophenfall konfrontiert sind. Im Interview berichtet Ashutosh Dey, Projektkoordinator der Johanniter in Afghanistan, über die entwickelten Handlungsansätze.
Johanniter: Warum ist es so wichtig, Menschen mit Behinderung in einem Projekt zur Katastrophenvorsorge besonders zu berücksichtigen?
Ashutosh Dey: In Afghanistan leben etwa zwei Millionen Menschen mit einer Behinderung. Viele von ihnen gehören zu den Ärmsten der Armen. Sie sind häufig von der Gesellschaft ausgeschlossen und haben keinen Zugang zu Wissen und Informationen. Schon allein deswegen werden sie in einer Katastrophe sehr oft schlicht vergessen. Sie können die Katastrophenwarnung nicht hören oder sehen, sitzen in ihren Häusern fest, können sich nicht in Sicherheit bringen und werden von der Familie oder anderen Betreuungspersonen getrennt oder zurückgelassen.
Johanniter: Was brauchen Menschen mit Behinderung denn im Fall einer Katastrophe?
Ashutosh Dey: Zunächst einmal haben Menschen mit Behinderung die gleichen Bedürfnisse wie jeder andere Mensch auch. Sie benötigen eine sichere Unterkunft, sauberes Wasser, Nahrung und gegebenenfalls gesundheitliche Versorgung. Um ihre Basisbedürfnisse decken zu können haben sie jedoch eventuell besondere Bedürfnisse, die mit ihrer Beeinträchtigung zusammenhängen. So brauchen sie vielleicht individuelle Unterstützung, Hilfsmittel, spezifische Formen der Kommunikation, Medikamente oder Zugang zu Rehabilitationsdiensten.
Johanniter: Was muss man also tun, damit Menschen mit Behinderung in einer Katastrophe nicht vergessen werden?
Ashutosh Dey: Der wichtigste Schritt ist, Menschen mit Behinderung in alle Aktivitäten vor, während und nach einer Katastrophe aktiv einzubeziehen. Denn sie selbst wissen am besten, was sie brauchen und was sie leisten können. So sollten Menschen mit Behinderung oder Mitglieder von Selbstvertretungsorganisationen eingeladen werden, sich in den Katastrophenvorsorge-Komitees in den Gemeinden zu beteiligen. Die Komitees sind dafür verantwortlich, Gefährdungen in der Gemeinde zu dokumentieren und einen konkreten Plan zu entwickeln, was bei einer Katastrophe zu tun ist. In diesem Rahmen gilt es, Menschen mit besonderen Bedarfen in der Gemeinde zu identifizieren, so dass das Komitee am Ende eine Liste mit den Namen, Adressen und Kontaktdaten hat. Zudem sollte klar sein, wer sich gegebenenfalls um die Personen kümmert. Im nächsten Schritt ist es dann wichtig, Warnsysteme zu entwickeln, die alle Menschen erreichen. So wird eventuell eine Sirene benötigt, um Menschen mit Sehbehinderung zu erreichen. Visuelle Signale können wiederum Menschen mit Hörbehinderung alarmieren. Die Fluchtwege und Sammelstellen müssen ebenfalls für alle Menschen erreichbar sein.
Johanniter: Wie stellen die Johanniter sicher, dass solche Maßnahmen in den Gemeinden, in denen Sie arbeiten, auch umgesetzt werden?
Ashutosh Dey: Zunächst geht es uns darum, alle Beteiligten für die Bedürfnisse und Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung zu sensibilisieren. Wir laden beispielsweise Menschen ein, von ihren Erfahrungen zu berichten. Zudem vermitteln wir umfangreiche Informationen zu den verschiedenen Formen von Behinderung und den Hauptrisiken für Menschen mit Behinderung in Katastrophen. Dann erarbeiten wir gemeinsam praktische Wege, diesen Risiken erfolgreich zu begegnen. Diese Aktivitäten sind für uns ein Weg, bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern das Bewusstsein dafür zu wecken, dass Menschen mit Behinderung ein Recht darauf haben, in einer Katastrophe größtmöglichen Schutz und Unterstützung zu erhalten.
Johanniter: Haben Sie den Eindruck, dass die Teilnehmer in ihren Trainings bezüglich der Einbeziehung von Menschen mit Behinderung etwas in ihren Alltag mitnehmen?
Ashutosh Dey: Ja, die Trainingsteilnehmer beginnen, ihre Einstellung gegenüber Menschen mit Behinderung zu verändern. Sie erkennen, dass ein Mensch mit einer körperlichen oder einer Sinnesbeeinträchtigung die gleichen Rechte hat wie jeder andere auch und dass er oder auch sie wichtige Aufgaben in der Gemeinschaft übernehmen kann. Darüber hinaus haben einige Bildungseinrichtungen begonnen, Barrieren abzubauen. Sie haben zum Beispiel Rampen gebaut, um Menschen mit Körperbehinderung den Zugang zu erleichtern. Über die Maßnahmen freuen sich auch andere Personen mit Mobilitätseinschränkungen, etwa ältere Menschen oder schwangere Frauen. Somit kann sich die Einbeziehung von Menschen mit Behinderung auch positiv auf die Einbeziehung anderer Gruppen auswirken.
Johanniter: Über die Trainings hinaus, welche Maßnahmen sind notwendig, um Menschen mit Behinderung in einer Katastrophe angemessen zu schützen?
Ashutosh Dey: Im Rahmen unseres Projektes haben wir keine Mittel, um notwendige Gehhilfen, Rollstühle oder Hörgeräte zur Verfügung zu stellen. Die Verfügbarkeit angemessener Hilfsmittel würde jedoch die Fähigkeit der Menschen, sich in einer Katastrophe selbst zu helfen, noch erheblich verbessern.
Das Interview führte Anne Ernst, Beraterin für Behinderung Rehabilitation bei der Johanniter-Auslandshilfe.
Unterstützen Sie die Johanniter mit einer Spende, so dass Menschen mit Behinderung in Afghanistan zukünftig auch mit Gehhilfen, Rollstühlen oder anderen Hilfsmitteln versorgt werden können.
Ihr persönlicher Ansprechpartner:
Sandra Lorenz
Telefon: 030 26997-356
Lützowstr. 94
10785 Berlin
Themen in dieser Meldung:
Unternehmensinformation / Kurzprofil:
Datum: 28.08.2012 - 16:00 Uhr
Sprache: Deutsch
News-ID 708759
Anzahl Zeichen: 0
pressrelations.de – ihr Partner für die Veröffentlichung von Pressemitteilungen und Presseterminen, Medienbeobachtung und Medienresonanzanalysen
Diese HerstellerNews wurde bisher 684 mal aufgerufen.
Die Meldung mit dem Titel:
"Katastrophenvorsorge: Menschen mit Behinderung einbeziehen
"
steht unter der journalistisch-redaktionellen Verantwortung von
(Nachricht senden)
Beachten Sie bitte die weiteren Informationen zum Haftungsauschluß (gemäß TMG - TeleMedianGesetz) und dem Datenschutz (gemäß der DSGVO).
Umweltschutz 2.0 in der Industrie: was alles möglich ist ...
Das jährliche Aufkommen an Abfall ist in den europäischen Ländern auf einem sehr hohen Niveau: Mehr als zwei Milliarden Tonnen sind es jährlich allein in der EU. Wichtig sind daher die Vermeidung oder zumindest Minimierung von Abfall und Optimier ...Clever Platz gespart: Wie auf Events, im Pausenraum und co. Platz auf kleinstem ...
Zu wenig Platz für die Gäste oder Mitarbeiter, das ist ein häufiges Problem bei vielen Partys, Veranstaltungen, im Pausenraum oder an anderen Orten. Doch es gibt auch für kleine Räumlichkeiten praktische Lösungen, wie Papphocker. Daneben sollte ...Flexibilität und Stil vereint: Innovative Büromöbel für dynamische Arbeitsum ...
Flexibilität und Stil vereint: Innovative Büromöbel für dynamische Arbeitsumgebungen Moderne Arbeitsumgebungen durchlaufen derzeit einen tiefgreifenden Wandel, der vor allem durch die Zunahme hybrider Arbeitsmodelle und flexibler Bürostrukturen ...Alle Meldungen von
1 Jahr Jugendbeirat "PowerUpGeneration": enviaM-Gruppe zieht Bilanz
Zu ineffizient, zu laut, zu teuer? David Selle von der Daulto GmbH beleuchtet, was wirklich an den Mythen zu Wärmepumpen dran ist
Hybrid Power Solutions sichert sich Auftrag für saubere Energieanlagen im Wert von 600.000 $
Energiewirtschaftsgesetz§14a: Jetzt bares Geld sparen mit smarter Stromnutzung
First Phosphate reicht NI 43-101-konformen technischen Bericht zur ersten Mineralressourcenschätzung für seine Phosphatlagerstätte Bégin-Lamarche in der Region Saguenay-Lac-Saint-Jean in Quebec ein